Mayen. Die Hochschule für öffentliche Verwaltung (HöV) in Mayen steht im schwierigen Coronajahr laut dem landesweiten Ranking auf Platz 3. 249 Studierende machten einen Abschluss, damit ergibt sich ein Plus von 14 Absolventen im Vergleich zum Vorjahr. Direktor Klaus Weisbrod gibt eine Einschätzung, woran diese positive Entwicklung im Vergleich zum Rest des Bundeslandes gelegen haben könnte.
Worauf führen Sie das Plus an Absolventen zurück?
Zum einen haben wir ein gutes didaktisches Konzept für die digitale Lehre in der Pandemie sehr schnell entwickelt und bereits nach wenigen Tagen umgesetzt und außerdem die Betreuung der Studierenden intensiviert. Dadurch ist uns kaum ein Studierender „verloren“ gegangen. Darüber hinaus haben wir steigende Studierendenzahlen, was sich auch auf die Absolventenzahlen auswirkt.
Wie hat die HöV auf die Corona-Einschränkungen reagiert?
Wir haben uns bereits vor Corona mit dem Thema Digitalisierung intensiv befasst. Zum einen hatten wir einen fachübergreifenden „Arbeitskreis Digitalisierung“ und nutzten eine digitale Lernmanagement-Plattform, die auch vor der Pandemie zumindest partiell in die Lehre mit einbezogen war. Daher waren die Studierenden damit bereits vertraut.
Darüber hinaus haben wir bei Personalentscheidungen an der HöV in den vergangenen Jahren vermehrt auf digitale Kompetenzen geachtet. Dies kam uns gerade in der Corona-Pandemie zu Nutzen. Als es im Zuge der Corona Pandemie zum ersten Lockdown kam, haben wir innerhalb von nur wenigen Tagen ein fachübergreifendes Digitalisierungs- und Lernkonzept entwickelt, das in allen Studiengebieten einheitlich umgesetzt wurde. Den Studierenden ging so kein Lehrstoff verloren.
Unser Digitalisierungskonzept wurde ständig evaluiert, fortgeschrieben und verbessert. Natürlich hat es auch bei uns an der einen oder anderen Stelle gehakt, und es lief sicher nicht alles von Anfang an optimal, aber wir haben ständig nachgesteuert und sind so alles in allem gut durch diese Zeit gekommen. Inzwischen haben wir unser Konzept komplett überarbeitet und fortentwickelt und in den Hochschulgremien dieses neue „Blended-Learning-Konzept“ beschlossen. Es befindet sich bereits in der Umsetzung und enthält verschiedene Szenarien, mit denen wir flexibel auf den Verlauf der Pandemie reagieren können – vom völligen Lockdown über Teil-Lockdown bis zur normalen Präsenzlehre. Bestandteil des Konzepts ist auch eine mehrteilige Lehreinheit „Fit für die digitale Lehre“.
Glauben Sie, dass diese Reaktionen ein Schlüssel dafür sind, warum mehr Studenten den Abschluss gemacht haben?
Ja, wir glauben, dass unser didaktisches Konzept ein wichtiger Schlüssel dafür ist. Wir haben dieses Konzept nicht nur ständig evaluiert, sondern auch mit den Studierenden kommuniziert. Da die diese das Studium in festen Studiengruppen von etwa 30 bis 35 Studierenden absolvieren, ist ohnehin der persönliche Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden sehr persönlich und intensiv. Jeder Studiengruppe ist ein Dozent als Ansprechpartner zugeordnet. Dadurch ist es kaum möglich, dass ein Studierender „verloren geht“ und sich ganz ausklinkt.
Außerdem wurden zusätzliche Sprechstunden der Dozenten – per Mail, per Chat, per Telefon – und Foren auf der Lernmanagement-Plattform eingerichtet. Darüber hinaus wurden zusätzliche Wiederholungs- und Klausurenkurse angeboten, um das erlangte Wissen nochmals zu festigen. Die Hochschulleitung hat mit den Gruppensprechern, die es in jeder Studiengruppe gibt, regelmäßige Onlinemeetings durchgeführt, um über wichtige Fragen und Themen zu informieren und diskutieren.
Die HöV verfügt darüber hinaus über eine Hochschulapp, die von allen Studierenden genutzt wird, über die wichtige Informationen kurzfristig vermittelt werden können. Die Studierenden absolvieren ja ein duales Studium, das heißt, sie haben Theoriephasen an der HöV und Praxisphasen in den jeweiligen Behörden. In jeder dieser Behörden befindet sich ein von der Hochschule bestellter Ausbildungsbeauftragter, der im permanenten Kontakt mit der Hochschule steht.
Auch die Ausbildungsbeauftragten geben den Studierenden wichtige Hilfestellungen. Umgekehrt gibt es an der Hochschule zwei Praxisbeauftragte, die ihrerseits wiederum den Kontakt zu den
Ausbildungsbeauftragten in den Behörden und den in der Praxisphase befindlichen Studierenden halten. Zudem finden Besprechungen der Hochschulleitung mit den Ausbildungsbeauftragten statt. Ein wichtiger Beitrag zur studentischen Betreuung ist zudem unsere Psychosoziale Studienberatung. Diese hat ihr Beratungs- und Betreuungsangebot während der Pandemie nochmals deutlich ausgeweitet, sowohl bei Gruppenangeboten als auch in der Einzelberatung.
Die allermeisten Studierenden kamen aufgrund des dargestellten systematischen und hohen Betreuungsaufwandes insgesamt gut mit dem „neuen“ System, der neuen Situation zurecht. Es war der Hochschule dabei wichtig, dass möglichst keiner „auf der Strecke“ bleibt.
Wie bewerten Sie das Minus, das das Landesamt generell ermittelt hat?
Bei den allgemeinen Hochschulen, hat sicher der ein oder andere Student das Studium aufgrund der nicht ganz einfachen Studienbedingungen etwas „hinausgeschoben“. Dies ist an der HöV aufgrund der dargestellten Maßnahmen und Hilfestellungen nicht erforderlich und auch nicht so ohne Weiteres möglich. Die Studierenden befinden sich in der Regel in einem vorläufigen Beamtenverhältnis und erhalten während des Studiums sogenannte „Anwärterbezüge“, können sich also komplett auf das Studium
konzentrieren.
Die Fragen stellte Stefanie Braun
Quelle: Rhein-Zeitung Andernach & Mayen vom 25.08.2021, Seite 17, Stefanie Braun, Durch intensive Betreuung keinen Studenten verloren
Mit freundlicher Genehmigung der Rhein-Zeitung