Sandra Hering lehrt Allgemeines Verwaltungsrecht, Recht der Gefahrenabwehr und Staats- und Verfassungsrecht. Ihre Erfahrungen aus dem Studium in Mannheim und Tätigkeit bei der Deutschen Rentenversicherung in Speyer prägen eine praxisnahe Vermittlung für den Verwaltungsalltag. In ihren Veranstaltungen verbindet sie rechtliche Grundlagen mit konkreten Verwaltungssituationen, etwa in Genehmigungsverfahren und Entscheidungsprozessen und bereitet Studierende sowie Lehrgangsteilnehmende auf verantwortungsvolle Entscheidungen in Kommunen und Landesbehörden vor. Projekte und Exkursionen, unter anderem in den Landtag Rheinland-Pfalz, machen Gesetze und Entscheidungsprozesse unmittelbar erfahrbar. Seit rund drei Jahren engagiert sie sich als Vorsitzende des Personalrats und bringt die Perspektive der Beschäftigten in Lehre und Hochschulalltag ein. Im Rahmen unserer Reihe „Inside HöV/ZVS“ sprechen wir mit ihr über Lehre, Praxisformate und die Anforderungen an eine moderne Verwaltung.
Wie sind Sie zur HöV/ZVS gekommen und was hat Sie persönlich motiviert, sich im Allgemeinen Verwaltungsrecht und im Recht der Gefahrenabwehr zu spezialisieren?
„Ich war im Rahmen meiner Tätigkeit bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz bereits Lehrbeauftragte für die HÖV und habe die dortigen Studierenden im Privatrecht unterrichtet. Als dann die Stelle in Mayen ausgeschrieben war, habe ich meine Chance genutzt. Das allgemeine Verwaltungsrecht prägte ohnehin schon meinen beruflichen Alltag. Das Hinzutreten des Gefahrenabwehrrechts war mehr der Vakanz geschuldet als meinem beruflichen Einschlag. Es gilt aber, und das sage ich bewusst mit einem Augenzwinkern, dass ein Jurist „alles können muss“.”
Welche fachlichen Schwerpunkte setzen Sie in Ihren Lehrveranstaltungen im Verwaltungs-, Gefahrenabwehrrecht und Staatsrecht? Warum sind diese Themen für die Praxis in Kommunen und Landesbehörden heute besonders entscheidend?
„Es ist mir besonders wichtig, dass die Studierenden verstehen, was Ermessens- und Entscheidungsspielräume der Verwaltung sind. In der heutigen Zeit wird oftmals verlangt, dass alle Entscheidungen nach allen Seiten abgesichert sind. Es werden zahlreiche Expertisen und Gutachten eingeholt. Ich möchte, dass unsere Absolventinnen und Absolventen die Kompetenz und den Mut besitzen, ihre Spielräume verantwortlich ausschöpfen.”
Wie binden Sie praxisnahe Formate in Ihre Lehre ein und welches Feedback erhalten Sie von Studierenden und von Ausbildungsbehörden?
„Zuletzt habe ich echte Akten z.B. aus dem Tierschutzrecht in die Unterrichtsarbeit im Allgemeinen Verwaltungsrecht eingebracht und gezeigt, wie die einzelnen Verfahrensschritte und das Endprodukt Verwaltungsakt aussehen, aber auch ganz plastisch vermittelt, wie man Aktenvermerke und Protokolle fertigt. Ermutigt dazu hat mich ein ehemaliger Kollege, der jetzt leitender staatlicher Beamter einer Kreisverwaltung ist. Der letzte Praxisworkshop hat hervorgebracht, dass sich Behörden eine praxisnähere Vermittlung wünschen.”
Wie integrieren Sie aktuelle Rechtsprechung und Gesetzesänderungen so, dass Absolventinnen und Absolventen in ihren Behörden schnell und rechtssicher handeln können?
„Alle Dozentinnen und Dozenten an der HÖV halten ihre Lehrmaterialien auf dem neusten Stand und binden aktuelle Rechtsprechung und Gesetzesänderungen ein. Viel wichtiger ist, dass die Absolventinnen und Absolventen methodisch gut geschult werden, eigenständig zu recherchieren und sich später selbst auf dem neuesten Stand zu halten. Dies vermitteln wir vor allem im Fach „Methodik der Rechtsanwendung“, aber natürlich auch in Seminaren.”
Wie bereiten Sie auf rechtliche Graubereiche vor, etwa bei Eilentscheidungen, öffentlichem Druck und Risikoabwägungen?
„Wie Arnold Schwarzenegger mal sagte: „You think you’re above the law — you’re not!“ Jede Entscheidung muss rechtlich richtig sein, sorgfältig erarbeitet und argumentativ abgesichert. Man muss aber auch Alternativen aufzeigen können, wie ein Ziel vielleicht doch umgesetzt werden kann. Da wir mit öffentlichen Geldern hantieren, müssen alle Risiken, die man in der Verwaltung eingeht, kalkulierbar und nachvollziehbar sein. Wenn sie das nicht sind: Finger weg davon.”
Woran merken Sie, dass die Anforderungen der Praxispartner steigen und wie reagieren Sie darauf in der Konzeption Ihrer Lehrangebote?
„Das trifft einen kritischen Punkt. Natürlich müssen wir an der HÖV praxisnahe Kompetenzvermittlung gewährleisten und durch die Bindung der Hochschule an die Praxis, vor allem durch unsere beiden Praxisbeauftragen, werden wir informiert, welche Anforderungen von dort an uns gerichtet werden. Man muss sich allerdings in dem Bereich ehrlich machen und auch Grenzen aufzeigen. Sicherlich können wir gerade durch verstärktes exemplarisches Lernen und Methodenlehre auf die Praxis vorbereiten, jedoch muss auch die Praxis in den einzelnen Ausbildungsabschnitten das Ihrige leisten. Es ist nicht umsonst ein duales Studium.”
Angenommen, eine Studentin oder ein Student fragt Sie, ob der Weg in die öffentliche Verwaltung das Richtige ist. Welche drei persönlichen Stärken würden Sie ihr oder ihm als besonders wichtig mit auf den Weg geben?
„Mut/Entscheidungsstärke, Gründlichkeit und die Fähigkeit mit Routine umzugehen.”
Nach diesem Blick auf Haltung und Stärken interessiert uns auch die Person hinter der Dozentin. Was tun Sie gerne in Ihrer Freizeit zum Ausgleich der Lehrtätigkeit?
„Mein Ausgleich ist eng verbunden mit einem Ort, dem Kloster Marienstatt nahe meiner Heimatgemeinde Hachenburg. Rund um die Anlage sind wunderschöne Waldwege, auf denen ich bei Wind und Wetter unterwegs bin – mal zusammen mit meinem Hund, mal ohne vierbeinige Begleitung.”
Mit diesem Einblick interessiert uns nun noch der Blick in die Zukunft. Welche Entwicklungen möchten Sie an der HöV/ZVS mitgestalten und welche drei Eigenschaften braucht man aus Ihrer Sicht unbedingt, um in diesem Feld verantwortungsvoll arbeiten zu können?
„Wir leben inmitten einer spannenden Zeit. Die HÖV/ZVS sieht sich spiegelbildlich zu den Verwaltungen folgenden Herausforderungen gegenüber: Demografischer Wandel, Einbindung künstlicher Intelligenz in Entscheidungsprozesse, Klimawandel und Ressourcenknappheit, neue Anforderungen an den Zivilschutz.
Die HÖV/ZVS ist im Rahmen ihres Hochschulentwicklungsprozesses dabei, sich ein diese Herausforderungen abbildendes Kompetenzprofil zu geben. Wir alle werden das mitgestalten und mittragen müssen. Ich baue an dieser Stelle auf alle Kolleginnen und Kollegen aus der Verwaltung und der Dozentenschaft, dass sie die wesentlichen Dinge haben, um uns voranzubringen: Anerkennung der vorgenannten Herausforderungen, Einsatzbereitschaft und Fachwissen."
